Schuljubiläum
30 Jahre Deutsch-Polnische Begegnungsschule Willy-Brandt-Schule in Warschau
Mit einem Festakt, bei dem das Dettinger Te Deum von Georg Friedrich Händel aufgeführt wurde, und dem am folgenden Tag stattfindenden Sommerfest wurde das 30jährige Jubiläum der Deutschen Schule gleich zwei Tage lang gefeiert. Ehemalige Schüler, Lehrer und Schulleiter waren nach Warschau gereist, um gemeinsam mit uns den runden Geburtstag der Willy-Brandt-Schule zu feiern.
Der Festakt fand am 29. Mai 2009 im Konzertsaal der Polnischen Föderation der Wissenschaftlich-Technischen Vereine (Naczelna Organizacja Techniczna -NOT) statt und schon am Eingang wurden die Gäste von Schaufensterpuppen begrüßt, die die Kostüme der in den vergangenen Jahren an der WBS aufgeführten Musicals trugen und bei manchem Besucher begeisterte Erinnerungen hochkommen ließen.Schulleiterin Heike Briesemeister eröffnete die Festveranstaltung mit einem kurzen Blick auf das Heranwachsen der Schule und dankte allen Helfern und Sponsoren, die in den vergangenen Jahren die Entwicklung der Schule unterstützt haben. Kräftigen Applaus gab es für eine musikalische Einlage von Fabian und Kornelia Hügli, die vor kurzem in Stockholm den Wanderpokal des Landeswettbewerbs Jugend Musiziert für Nordosteuropa gewonnen hatten. Botschafter Michael Gerdts ließ in seinem Grußwort die Geschichte der Schule Revue passieren, die 1978 als Zwergschule mit 10 Schülern angefangen hatte und seit einigen Jahren bis zum Abitur führt. Er unterstrich die anhaltende Bedeutung der Schule für die Botschaft und versicherte auch für die Zukunft seine Unterstützung. Der stellvertretende Leiter der Abteilung für internationale Zusammenarbeit des polnischen Bildungsministeriums Grzegorz Chorąży verlas einen Gruß seiner Ministerin Katarzyna Hall, die der Schule zu ihrem Geburtstag herzlich gratulierte. Unsere Vorstandsvorsitzende Agnieszka Morawietz betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung des Engagements der Eltern für die Schule, um den Kindern eine bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen. Deshalb, so Morawietz, engagiere sie sich schon jetzt für die Schule, obwohl ihr ältester Sohn erst im kommenden Schuljahr vom Kindergarten in die Grundschule wechseln werde. Ein letztes Grußwort kam vom Schülervertreter Aleksander Vetter, der nach vielen Jahren Schulbesuch der WBS gerade das Abitur ablegte. Aleksander warf in seiner im ersten Teil auf Polnisch und im zweiten Teil auf Deutsch gehaltenen Rede einen positiven Blick zurück auf seine Schulzeit und unterstrich die Bedeutung der deutsch-polnischen Begegnung. Er wünschte seiner Schule für die Zukunft alles Gute, insbesondere für den Neubau, von dem er, wie er unter dem Schmunzeln seiner Zuhörer anmerkte, schon in der ersten Klasse gehört habe.
Den Festvortrag des Abends hielt der Präsident der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder Dr. Gunter Pleuger. Er hob hervor, wie wichtig die Willy-Brandt-Schule und die Viadrina für die Völkerverständigung seien und ließ die geschichtlichen Ereignisse seit Gründung der Schule von der Schlussakte von Helsinki über den Fall des Kommunismus bis zum vereinten und erweiterten Europa Revue passieren. Pleuger betonte, wie gut die gemeinsamen Beziehungen heute seien. Bewegt erzählte er unter anderem von seiner Zeit als Diplomat in Washington, wo er 1990 an einem Treffen der polnischen Comunity teilnahm. Den dort seinerzeit geäußerten Sorgen, das wiedervereinte Deutschland könne möglicherweise die Oder-Neiße-Grenze in Frage stellen, trat er damals mit der Äußerung entgegen, dass er seinen Kopf verwette, dass dies nicht geschehe, woraufhin ein älterer Herr, der die Okkupationszeit überlebt hatte, aufstand und sagte, dort spricht nicht das Deutschland von damals, sondern das neue Deutschland. So sei die Stimmung auf der damaligen Veranstaltung schlagartig ins Positive umgeschlagen.
Nach all diesen Rückblicken und warmen Worten für die Schule, ging der Abend seinem Höhepunkt entgegen, der Aufführung des Dettinger Te Deum von Händel. Fast 150 Sänger und Instrumentalisten traten nacheinander und von mehrfachem Applaus begleitet auf die Bühne. Unser Musiklehrer und Dirigent Marcin Mazur hatte das Experiment gewagt, Sänger aus fünf Ländern zusammenzuführen. Neben den Chören der Klassen 5-6 und 8-13 der WBS, dem ECHO-Chor und dem SchELF-Chor der WBS traten Chorsänger aus den Deutschen Schulen Moskau, Paris und Prag auf. Begleitet wurden sie von Mitgliedern des Deutsch-Polnischen-Chores Spotkanie aus Berlin, dem Frauenchor Lutnia aus Warschau, dem Männerensemble Gregorianum aus Warschau, der Kammerphilharmonie Łomża und den Solisten Tomasz Piętak und Sebastian Adamczyk. Die einzelnen Beteiligten hatten Monate lang in Moskau, Prag, Paris, Berlin, Łomża und Warschau für die Aufführung geprobt. Die erste und einzige gemeinsame Probe hatte jedoch erst am gleichen Vormittag stattgefunden, denn die Gäste der anderen Auslandsschulen waren erst einige Tage zuvor angereist und das Orchester stand nur am Freitag zur Verfügung. Dieses mutige Experiment war am Ende von Erfolg gekrönt und wurde mit großem Beifall belohnt.
Nach dem Konzert wurde zu einem Empfang eingeladen, wo man den Abend bei einem Glas Saft oder Wein ausklingen lassen und den Sängern und ihrem Dirigenten Marcin Mazur seine Anerkennung aussprechen konnte. Dies war manchem angereisten Gast oder heimischen Besucher des Festakts nicht genug und es wurde noch so manche Lokalität in der Warschauer Innenstadt aufgesucht.
Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein: Das 30jährige Jubiläum der Schule hätte eigentlich schon im Herbst 2008 gefeiert werden müssen, die Feier war aber im laufenden Schuljahr auf einen Monat verschoben worden, für den Sonnenschein erwartet worden war. Zum Ausgleich konnte so direkt zwei Tage lang gefeiert werden. Nach dem Festakt am Freitagabend ging es am Samstagnachmittag gleich zum Sommerfest über. Lediglich aus den Wünschen nach dem tollen Sommerwetter wurde nichts. Kurz vor Beginn machte ein kräftiger Regenschauer viele pünktliche Gäste nass und setzte große Teile des Schulhofs unter Wasser. Kurze Zeit später nahm der Schauer jedoch ein Ende und zahlreiche Gäste feierten ausgelassen auf dem Schulgelände in der ul. Rutkiewicz. An vielen Ständen war wie üblich für zahlreiche kulinarische Leckereien gesorgt. Im Musiksaal spielte die Schulband und unter den aufgebauten Zelten kamen Lehrer, Eltern, Schüler und Ehemalige ins Gespräch. Wer wollte, konnte sich überdies in einer von den Klasen 9d und 9p erstellten Ausstellung über die Schulgeschichte informieren. Es bleibt zu hoffen, dass die gute Atmosphäre der beiden Festtage und das großartige Gelingen des von Schülern, Eltern und Lehrern in gemeinsamer Arbeit aufgeführten Konzertes ein Wegweiser für die künftigen Jahre der Willy-Brandt-Schule sind.
Hans-Christian Dahlmann