Deutsch-Polnische Begegnungsschule „Willy-Brandt-Schule” in Warschau

StolenMemory - internationale Jugendbegegnung

Vom 19 bis 24 März trafen sich 40 Jugendliche aus Deutschland und Polen - davon 12 Schüler der WBS - im Schloss Trebnitz in Brandenburg und waren damit Teil eines Projekts, das gleichzeitig an insgesamt 6 Orten der Begegnung mit circa 300 Schülerinnen und Schüler aus 4 Ländern stattfand. Das Projekt wurde finanziert vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk.

In 6 Tagen der Projektarbeit recherchierten die polnischen, deutschen, ukrainischen und französischen Jugendlichen intensiv in den Dokumenten, die von den Arolsen Archives online zur Verfügung gestellt werden, um die Biographie von in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern inhaftierten Menschen nachzuvollziehen. Sie nutzen die gefundenen Informationen, um über die ihnen bestens vertrauten Social-Media-Plattformen nach Familienmitgliedern der von ihnen ausgewählten Personen zu suchen.

Der Wunsch aller war, einen “Treffer” zu erzielen, also Familienangehörige zu finden, denen dann die persönlichen Gegenstände der im Konzentrationslager eingesperrten Person übergeben und Informationen über das Leben dieser Person gegeben werden könnten. Allen war jedoch bewusst, dass in den meisten, wenn nicht allen Fällen, vor allem Vorarbeit für einen späteren Erfolg geleistet werden würde.

Während der Zeit des Wartens auf Reaktionen auf ihre Posts wurden die Jugendlichen nicht müde sich immer tiefer in die Dokumente einzuarbeiten, zu verstehen, wie bürokratisch genau die Nationalsozialisten ihre Handlungen dokumentierten, wie menschenverachtend die Beschreibung der Inhaftierten war und wie Sprache zur Pseudo-Legalisierung der Verfolgung diente.

Sie beteiligten sich darüber hinaus an dem Projekt “Every name counts” der Arolsen Archives: Innerhalb weniger Minuten kann jede/r dazu beitragen, dass die Namen von Personen, deren Namen zwar auf Dokumenten, die im weltweit größten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus auftauchen, jedoch noch nicht in der Datenbank erfasst wurden, für Familienangehörige und Forscher_innen suchbar und mit den zu den Namen gehörenden Dokumenten und persönlichen Gegenständen verknüpft werden. Dadurch leisteten die Schüler_innen einen wichtigen Beitrag zur Arbeit der Arolsen Archives und zur Suche vieler Menschen weltweit nach Informationen zum Verbleib ihrer Angehörigen.

Bei der geographischen Nähe zu Berlin durfte in dem Programm ein Ausflug in die Hauptstadt natürlich nicht fehlen: Bevor die Schüler_innen mit ihren Lehrkräften oder auf eigene Faust Berlin erkunden durften, stand das Thema Erinnerungskultur thematisch im Zentrum des Programms. Wir besuchten gemeinsam die “Topographie des Terrors” und führten uns gegenseitig durch die Ausstellung, und verglichen die unterschiedlichen Ästhetiken des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen und des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas im Zentrum der Hauptstadt.

Nach 6 intensiven Tagen des interkulturellen Austauschs und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem den Opfern des Nationalsozialismus und dem Thema Erinnerungskultur kehrten wir in vieler Hinsicht bereichert nach Hause zurück.
Für die individuelle Weiterarbeit motiviert uns die Information, dass während der Projektwoche nach aktuellem Stand zwei “Treffer” erzielt wurden und dass die Projektgruppe, die in Gdańsk arbeitete, einen persönlichen Gegenstand an einen Angehörigen übergeben durfte.